Am Montag, den 06. Juni 2023 hielt Herr Generalleutnant a.D. Rüdiger Drews im Hotel Görres in Villip den o.a. Vortrag.
Wegen des unverkennbar expansiven Charakters der russischen Politik hat vor allem in Deutschland ein Prozess eingesetzt, der der Sicherheitspolitik und damit den Streitkräften einen höheren Stellenwert in der Reihenfolge der staatlichen Aufgaben zuweist. Politik und Öffentlichkeit stimmen im Wesentlichen überein, die Fähigkeit zur Landes- und Bündnisverteidigung zu verstärken.
Unter diesem Vorzeichen erhält die alte Forderung neue Aktualität, im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union nicht nur das militärische Instrumentarium für Krisenprävention, Krisenbewältigung und Krisennachsorge bereitzustellen, sondern Europäische Streitkräfte zu schaffen.
Es liegt nahe, dabei die Erfahrungen auszuwerten, die das Deutsche Reich nach seiner Gründung 1871 machen musste. In der Geschichtsforschung haben die höchst komplexen Bemühungen zur Herstellung der inneren Einheit weniger Beachtung gefunden als die außenpolitischen, aber auch wirtschafts- und sozialpolitischen Entwicklungen.
Der Vortrag setzt sich mit der Entwicklung der nationalen Streitkräfte im Deutschen Reich nach 1871 auch mit Blick auf frühe Vereinbarungen im Deutschen Bund und im Norddeutschen Bund auseinander. Verfassungsidee und Verfassungswirklichkeiten werden betrachtet, d.h. die gesamtstaatlichen Ansprüche und nationalstaatlicher Vorbehalte.
Thematisiert werden sowohl die innenpolitischen Machtverschiebungen durch Parlamentarisierung und das Aufkommen neuer politischer Eliten, wie auch die damalige außenpolitische Kulisse, die durch Politik, Presse und Öffentlichkeit als höchst bedrohlich empfunden wurde.Natürlich wird nicht der Anspruch erhoben, eine Blaupause für das zukünftige Europa vorzulegen.
Gleichwohl sollten die Ausführungen dazu beitragen, an der zu erwartenden Diskussion über die Transformation der nationalen Streitkräfte der Europäer zu einer europäischen Streitmacht qualifiziert teilzunehmen.